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Ab in die Pilze

Untergrund­bewegung

Steinpilz, Pfifferling oder Champignon: Das sind gerade mal drei von mehreren Tausend Großpilzarten, die in unseren Breiten vorkommen. Das Reich der Fungi, wie Pilze botanisch heißen, ist vielfältig. Zudem sind sie unverzichtbar für ein gesundes Ökosystem. Auf geht’s in die Pilze in Pfälzer Wäldern.

Foto: Landesforsten rlp.de/Markus Hoffmann

Es ist ein sonniger Mittwochmorgen im Weingärtner Lohwald in der Vorderpfalz. Vogelgesang schafft eine klangvolle Kulisse für einen Streifzug in die Pilze. Das Waldstück liegt im ehemaligen Revier von Förster Volker Westermann, der im Forstamt Rheinauen für Umweltbildung zuständig ist.

Auf Sand gebaut

PILZEXPERTE 1 Förster Volker Westermann. Foto: Julia Reichelt

Die Wälder in der Rheinebene stehen zumeist auf sandigen und damit trockenen Böden – wie auch der Pfälzerwald. Die Trockenheit verschärft sich jedoch dadurch, dass es dort vergleichsweise weniger regnet. Pilze finden in den Wäldern also keine Idealbedingungen. „Aber wenn es doch einmal ordentlich Niederschlag gibt, ist die Artenvielfalt oftmals erstaunlich. Hier gibt es neben bekannten Kandidaten wie Steinpilzen auch besonders seltene Arten, die man nur alle paar Jahre sieht“, sagt Förster Volker Westermann, „zum Beispiel den Kaiserling, der mit dem Fliegenpilz verwandt, aber essbar ist. Mir begegnen hier immer wieder Arten, die ich vorher noch nie gesehen habe. Oder Arten, die jahrelang verschwunden waren und plötzlich wieder auftauchen.“

Zuständig für Recycling

Apropos auftauchen: Kaum losgelaufen, hat Volker Westermann schon den ersten Pilz entdeckt, den andere im Vorbeilaufen wahrscheinlich übersehen hätten. Das Exemplar mit brauner Hutoberseite steht gut getarnt im Laub. Der Förster dreht den Pilz achtsam heraus. Beim Blick unter den Hut fällt auf, dass es zwischen den Lamellen rötlich schimmert. „Wenn man den Hut mit den Lamellen nach unten auf ein Blatt legt, fällt nach wenigen Stunden ein rosa-rötliches Sporenpulver heraus. Das zeigt an, dass es sich um ein Exemplar aus der Gattung der Dachpilze handelt“, erklärt er. Der Fruchtkörper ist dicht neben einem Wurzelstock gewachsen. Volker Westermann: „In diesem Wurzelstock lebt das Myzel, das eigentliche Hauptorgan des Pilzes. Im Laufe der nächsten Jahre oder Jahrzehnte zersetzt es das Holz und verwandelt es zurück in fruchtbaren Waldboden. Ist das Material aufgebraucht, verschwindet auch der Pilz. Er hat aber in der Zwischenzeit über die Fruchtkörper, die aus dem Holz herauskommen, Millionen von Sporen verbreitet. Landen sie auf einem geeigneten Platz, erwacht die nächste Generation zum Leben.“

PILZBESTIMMUNG Viel Wissen und Erfahrung sind nötig, um Funde eindeutig zu bestimmen. Hier wird gezeigt, woran man einen Dachpilz erkennt. Foto: Julia Reichelt

Drei Gruppen von Pilzen

In einer anderen Ecke der Pfalz – Kaiserslautern und Umgebung – ist der Pilzsachverständige Dietmar Theiss unterwegs. Sein Wissen teilt er regelmäßig bei Pilzwanderungen in Kooperation mit Volkshochschulen oder dem Haus der Nachhaltigkeit in Johanniskreuz. Ihm ist es dabei wichtig zu vermitteln, welche Rolle Pilze in unseren Ökosystemen spielen. Er erläutert: „Neben den zwei großen W’s – Wasser und Wärme – brauchen Pilze auch ein Substrat, sozusagen eine Lebensmittelversorgung. Anhand des benötigten Substrats lassen sie sich in drei Gruppen einteilen. Es gibt die sogenannten Saprobionten, die von abgestorbenem Material wie etwa Totholz oder Laub leben. Es gibt die Mykorrhiza-Pilze, die in Gemeinschaft mit anderen Pflanzen, meistens Bäumen, leben. Dazu zählen die bekanntesten Speisepilze wie Steinpilze, Pfifferlinge oder Maronenröhrlinge. Und dann gibt es parasitäre Pilze, die sich von lebendem, überwiegend pflanzlichem Substrat ernähren.“ Parasitäre Pilze spielen etwa in der Landwirtschaft eine Rolle, in diesem Fall eine unerwünschte, da sie Krankheiten auslösen können.

GEHEIMNISVOLL Der giftige Fliegenpilz ist nicht nur in Laub- und Nadelwäldern tief verwurzelt, sondern auch in Volkserzählungen und Mythen vieler Kulturen. Zu erkennen ist er am Hut, Stiel, Geruch und seinen Lamellen. Foto: Landesforsten/Jonathan Fieber

Sicherheit geht vor

Ebenso weist er darauf hin, dass Pilze nicht nur am Boden zu finden sind. „Im Wald sollte man den Blick auch ab und zu nach oben richten“, sagt der Pilzsachverständige. „An den Stämmen abgestorbener Bäume wachsen, teils in mehreren Metern Höhe, viele Baumpilzarten. Dazu zählen etwa konsolenartig aussehende Arten wie der Zunderschwamm oder der rotrandige Baumschwamm.“ Nicht zuletzt mahnt er zu Vorsicht: „Es ist sehr schwierig, einen Pilz treffsicher zu bestimmen. Die Teilnahme an einer geführten Pilzwanderung reicht dafür bei Weitem nicht aus. Viele beliebte Speisepilze, zum Beispiel Pfifferlinge, haben gleich mehrere Doppelgänger. Der sogenannte Falsche Pfifferling oder Gabelblättling ist harmlos. Aber hier in der Pfalz gibt es auch Rauköpfe, die Pfifferlingen zum Verwechseln ähnlich sehen können und tödlich giftig sind. Ebenso wissen viele Hobbysammler nicht, wie man Champignons von einem giftigen Knollenblätterpilz unterscheidet.“ Deswegen sollte man, so schön das Sammeln auch ist, immer auf maximale Sicherheit gehen.

BAUMPILZE I Hallimasche, auch bekannt als Honigpilze, bilden im Herbst faszinierende Pilzkolonien an Baumstämmen.

Mit Röhrenpilzen anfangen

Wer sich Literatur als Bestimmungshilfe besorgen möchte, für den gilt: Auf die Dicke kommt es an. „Ein Buch, das die 50 wichtigsten Speisepilze und ihre Doppelgänger zeigt, reicht nicht“, sagt Dietmar Theiss. „100 Pilze sind nur ein kleiner Bruchteil der bekannten Großpilzarten. Ein ordentliches Pilzbuch sollte mindestens 500 bis 1000 Pilzarten beschreiben. Nur so bekommt man eine Ahnung davon, was es alles gibt, und wie ähnlich sich Arten sein können.“ Als sichere Bank für ungeübte Speisepilzsammler empfiehlt er Röhrenpilze, die unter dem Hut eine schwammartige Röhrenstruktur aufweisen: „Da gibt es bitter schmeckende Pilze, die das Essen verderben oder etwas Bauchweh verursachen, wie etwa den Gallenröhrling, den Schönfußröhrling oder den Satanspilz. Lebensgefahr besteht aber nicht.“

PILZEXPERTE 2 Dr. Dietmar Theiss. Foto: Julia Reichelt

Richtig „ernten“

Wer einen Pilz entdeckt hat und sicher ist, worum es sich handelt, kann diesen oberirdisch mit einem Messer abschneiden. Wer unsicher, ist, dreht den Fruchtkörper besser heraus und nimmt ihn insgesamt mit. Das schadet dem Pilzgeflecht im Boden nicht und „an der Stielbasis gibt es oft wichtige Bestimmungsmerkmale wie die Knolle beim Knollenblätterpilz“, fügt der Pilzsachverständige hinzu. Er selbst beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Pilzen. Was als Hobby begann, hat er, größtenteils im Selbststudium, nach und nach intensiviert und gefestigt. Die Prüfung zum „Pilzsachverständigen“ hat er dann bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie abgelegt, dem größten Verein im Bereich der Pilzkunde.

Den Pilzblick bekommen

Zurück im vorderpfälzischen Lohwald bei Volker Westermann. Wer mit ihm unterwegs ist, lernt, dass der Wald jederzeit voller Pilze ist. Man muss nur hinschauen. Auf kurzer Distanz bleibt er mehrfach stehen und zeigt auf immer neue Fundstücke. Zum Beispiel auf einen graubräunlichen Pilz, der zart und damit nahezu unsichtbar daherkommt. Dabei sieht man dem Förster an, wie sehr er sich selbst für die Natur begeistert: „Die Vielfalt der Pilze zeigt sich nicht in den großen auffälligen Exemplaren“, sagt er. „Es sind vielmehr die kleinen, unscheinbaren Gattungen, zu denen dieser Helmling gehört. Helmlinge umfassen bis zu 100 verschiedene Arten. Unser Exemplar hier ist dafür verantwortlich, das Laub zu zersetzen.“ Pilze sind auch wichtige Signalgeber für die Waldbewirtschaftung: „Wenn man in einem alten Kiefernbestand unterwegs ist und dort die Krause Glucke entdeckt, weiß man, dass der Baum, vor dem sie wächst, von innen fault. Ganz selten findet man sie auch an Douglasien oder Lärchen. Der Pilz selbst zersetzt das Holz. Der Fruchtkörper, der sich außerhalb des Baumes bildet, ist jedoch essbar.“

SYMBIOSE Pilze wie der Zunderschwamm unterstützen als natürliche Zersetzer den Zerfallsprozess der Bäume im Wald. Davon profitiert der Hirschkäfer und seine Larven, die sich in morschem Holz abgestorbener Bäume entwickeln. Foto: Landesforsten RLP/Jonathan Fieber

Förderung der Artenvielfalt

Pilze, die Totholz als Substrat benötigen, erweisen uns damit einen großen Gefallen. Ganz drastisch ausgedrückt, würden wir in Biomüll ersticken, wenn es die Zersetzer nicht gäbe. Dabei erschließen sie das abgestorbene Material für weitere Nutzungsgruppen. „Bei Landesforsten Rheinland-Pfalz gibt es ein Totholz-Konzept, mit dem wir Flächen, Baumgruppen oder auch alte Bäume ausweisen, die zur Förderung der Artenvielfalt erhalten bleiben sollen“, sagt Volker Westermann. „Zum Beispiel braucht der Hirschkäfer das schon zersetzte und zerfaserte Holz eines toten Baums, um sich zu vermehren. Ohne solche Biotop-Bäume, wie wir sie nennen, gäbe es irgendwann keine Hirschkäfer mehr.“

Pilz-Baum-Partnerschaften

Und was ist dran an der Kommunikation zwischen Pilzen und Bäumen? „Das Wood Wide Web gibt es wirklich“, so der Förster. „Allerdings sind die harten Fakten vielleicht etwas weniger spektakulär, als es uns manche Erzählungen glauben machen wollen. Im Prinzip geht es um Pilz-Baum-Partnerschaften. Man weiß durch Untersuchungen mit radioaktiven Kohlenstoffverbindungen, dass ein Pilz dabei mit mehreren Bäumen verbunden ist. Ebenso kann ein Baum mit mehreren Pilzen Symbiosen eingehen. Dabei werden auch Stoffe über die Kette Baum-Pilz-Baum übertragen. Warum und wann das genau passiert – hier steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen.“

AUFRÄUMER Diese Helmlingsart zersetzt das Laub im Wald.
DOPPELGÄNGER Narzissengelber Wulstling aus dem Pfälzer Waldboden. Fotos: Julia Reichelt

Gib mir Zucker!

Bekannt ist, dass der Pilz, um eine Symbiose anzubahnen, die Baumwurzeln umschließt. Er dringt in die Wurzeln ein und unterstützt den Baum mit Wasser- und Mineralienlieferungen. Dafür zahlt der Baum einen Preis, indem er gut ein Drittel des Zuckers, den er durch Photosynthese produziert, an das Netzwerk der Pilze abgibt. Volker Westermann fügt hinzu: „Es handelt sich um Zweckgemeinschaften zu beiderseitigem Vorteil. Der Übergang zum Schmarotzertum ist allerdings fließend.“ Dabei sind manche Pilze Generalisten und vertragen sich mit vielen Baumarten. Andere, wie beispielsweise der Goldröhrling oder Steinpilze, sind spezialisiert – auf Lärche bzw. Fichte. Wie dicht durchzogen das Erdreich unter uns mit Pilzmyzel ist, erklärt Westermann anhand eines Beispiels: „Würde man alle Fäden aus der Menge Waldboden, die in eine kleine Becherlupe passt, aneinanderreihen, würde die feine Schnur von hier bis nach Köln reichen.“

Ötzi und der Birkenporling

PILZKUNDE Die Pilzfreunde Saar-Pfalz geben ihr Wissen an Interessierte weiter. Hier schaut Vorsitzender Thomas Brandt ins Mikroskop.

Doch nicht alles, was über das Wood Wide Web gesagt wird, entspricht der Realität:  Wissenschaftlich nicht erwiesen sei die Tatsache, dass Mutterbäume im Sinne der Brutfürsorge junge Bäume mit Nährstoffen unterstützen, so der Förster: „Bäume leben in einem harten Konkurrenzkampf um Licht, Wasser und Nährstoffe. Derjenige, der am besten angepasst ist, setzt sich durch und stellt die anderen sprichwörtlich in den Schatten.“ Und dann weist er auf weitere Nutzungsarten von Pilzen hin, die unser Leben bereichern: „Pilze, in dem Fall Hefepilze, machen sich verdient in der Bier- und Weinherstellung. Manche Pilzarten sind auch schon in früheren Jahrhunderten aufgrund ihrer Heilkräfte genutzt worden. Im Gepäck von Ötzi, der Gletschermumie, fand sich neben einem Zunderschwamm zum Feuer machen auch ein Birkenporling, vermutlich aus medizinischen Gründen. Ein aus Birkenporlingen zubereiteter Tee bzw. Sud ist ein wunderbares Heilmittel, wenn man Probleme mit dem Magen hat.“ Pilze sorgen auch in der neueren Medizin für Fortschritt: Penicillin ist nach dem Schimmelpilz benannt, der zur Entdeckung des ersten Antibiotikums führte.

Mit Pilzfreunden unterwegs

Mit der Vielfalt an Pilzen beschäftigen sich auch die Pilzfreunde Saar-Pfalz. Der 1983 im südwestpfälzischen Pirmasens gegründete Verein ist inzwischen nach Bexbach bei Homburg umgezogen. Dennoch kommen die Mitglieder weiterhin gerne in den Pfälzerwald, zuletzt etwa für ein pilzkundliches Wochenende nach Lemberg. Die Aufgabe des Vereins, so umschreibt es der Vorsitzende Thomas Brandt, sei es, Wissen in volkstümlicher Pilzkunde oder Hobby-Mykologie weiterzugeben. Bei den pilzkundlichen Wochenenden seien daher auch Gäste willkommen. Waren das früher maximal zehn bis zwölf Interessierte, sei der Zuspruch inzwischen enorm: „Letzten November, als es richtig viele Pilze gab, hatten wir um die 60 externe Teilnehmer. Das hat uns überrascht und stellenweise auch organisatorisch überfordert.“ Seitdem gilt: Teilnahme nur per Vorab-Anmeldung. Wie läuft ein pilzkundliches Wochenende ab? Thomas Brandt erklärt: „Wir schwärmen in Gruppen zum Sammeln aus und besprechen nachfolgend die gefundenen Pilze.“ Auf Tischen aufgereiht und mit Namensschildern versehen, liegen die Fundstücke später für alle zugänglich aus. Wenn zum Bestimmen das menschliche Auge oder eine mitgeführte Lupe nicht ausreichen, stehen in der gemeinsamen Unterkunft auch Mikroskop und Bestimmungsliteratur parat.

DUFTERLEBNISS 1 An Pilzen zu riechen, hilft sie zu bestimmen. Der Nadelstinkschwindling riecht nach verfaultem Kohl. Foto: Julia Reichelt

Mit allen Sinnen bestimmen

Im Wald sind die Pilzfreunde stets mit allen Sinnen unterwegs. „Man muss einen Pilz anschauen, fühlen, riechen und schmecken“, sagt der Vereinsvorsitzende, unterwegs im Wald bei Lemberg. „Einige Pilze sind beispielsweise gut am Geruch zu erkennen. Der Morchelbecherling, ein sehr guter Speisepilz, riecht nach Chlor. Dann gibt es Pilze, die wie Obst duften oder nach Urin stinken. Daher führt ein Kenner seine Fundstücke zum Bestimmen auch an die Nase.“ Zwei solche Exemplare entdecken die Pilzfreunde direkt vor Ort: einen Fenchelporling, der tatsächlich süßlich-aromatisch riecht. Später folgt ein Nadelstinkschwindling, der sich auf das Zersetzen von Fichtennadeln spezialisiert und seinen Namen in jeder Hinsicht verdient: Beim Zerreiben des Huts fängt er an, nach verfaultem Kohl zu stinken.

DUFTERLEBNIS 2 Fenchelporling duftet süßlich-aromatisch. Foto: Julia Reichelt

Auf den Punkt (ge)kommen

„Wenn man erst einmal einen kleinen Einblick in das Reich der Pilze hat, will man immer mehr wissen“, umschreibt Thomas Brandt seine Motivation, sich im Verein zu engagieren. In mehr als 20 Jahren hat er sich umfassendes Wissen rund um die Pilze angeeignet. Als die Gruppe einen narzissengelben Wulstling findet, der einen gepunkteten Hut trägt, erklärt er: „Die weißen Punkte erinnern an den Fliegenpilz, mit dem er auch nah verwandt ist. Wenn der Fruchtkörper frisch aus der Erde kommt, ist der Hut komplett weiß umhüllt. Sobald er sich öffnet, reißt die Schutzhülle auf und hinterlässt die weißen Punkte.“ Allerdings kann Regen die Reste der aufgeplatzten Hülle wegwaschen. Daher sind die Punkte kein verlässliches Bestimmungsmerkmal.

Wo wächst was?

Ein bis zwei pilzkundliche Wochenenden führt der Verein pro Jahr durch. Dabei erstellen die Pilzfreunde jeweils eine Liste mit allen Funden, die sie der Deutschen Gesellschaft für Mykologie übergeben. „Mithilfe unserer Daten wird die Rote Liste der bedrohten Arten erstellt“, sagt Thomas Brandt. „Die Daten geben Aufschluss darüber, welche Pilze wo wachsen, welche Arten zunehmend seltener oder häufiger auftauchen.“ Die Pilzkartierung ist somit ein weiterer wichtiger Baustein der Vereinsarbeit – gerade in Zeiten des Klimawandels. Generell ist es bei Pilzen aber schwierig, eine Aussage darüber zu treffen, ob sich Klimaveränderungen auf die Verbreitung oder Artenvielfalt auswirken. Denn wenn Pilzen die Bedingungen nicht passen, bilden sie manchmal jahrelang keine Fruchtkörper.

FUNDSTÜCKE Die Pfalz ist reich an Pilzarten. Beispiele sind Schmetterlingstramete, umgeben von Maiporling (links unten), Winterporling (links oben) und Glockendüngerling (oben). Foto: Julia Reichelt

Zukunftsgedanken

Spekulieren lässt sich unter anderem darüber, was passiert, wenn es dem Wald durch den Klimawandel immer schlechter geht. Das könnte sich auf die Pilze auswirken, die ausschließlich oder vorzugsweise mit bestimmten Baumarten partnerschaftlich verbunden sind. Bringt es etwa das Fichtensterben mit sich, dass es auch weniger Steinpilze gibt? Eines zeichnet sich zumindest jetzt schon klar ab: Aufgrund der anhaltend trockenen Sommer verschiebt sich die Saison für klassische Speisepilze nach hinten. Sie warten, bis an warmen Herbsttagen der Regen kommt. Und dann erst „schießen“ sie quasi über Nacht förmlich aus dem Boden.

Buchtipps

Kosmos Naturführer: Welcher Pilz ist das?, Markus Flück, Kosmos Verlag
1 mal 1 des Pilzesammelns, Walter Pätzold/Hans E. Laux, Kosmos Verlag
Grundkurs Pilzbestimmung, Rita Lüder, Quelle & Meyer Verlag
Der große Kosmos-Pilzführer, Hans E. Laux, Kosmos Verlag
Der große BLV-Pilzführer, Ewald Gerhardt, BLV
Handbuch für Pilzsammler, Thomas Gminder, Kosmos Verlag
Das Geheimnisvolle Leben der Pilze, Robert Hofrichter, Penguin Verlag
Pilze zum Genießen – ein Familien-Pilzbuch für Küche, Kreativität und Kinder, Rita und Frank Lüder, Eigenverlag kreativpinsel

Veranstaltungs­tipps

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Pfälzer Perspektiven

Nachhaltig genießen

Betrachtungen von Janina Huber rund um die Frage, wie nachhaltig wir in der Pfalz genießen und warum Herz und Verstand manchmal wichtiger sind als Bio-Siegel.

Foto: Pixabay

Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit? Eine Gretchenfrage der modernen Zeit. Sie betrifft alle Lebensbereiche – auch die Pfalz und ihre Wein- und Genusslandschaft. Vor ein paar Wochen habe ich einen internationalen Kongress für Weinfachleute besucht. Der gemeinsame Tenor aller Vorträge: Die Zukunft braucht mehr Nachhaltigkeit. Dazu im Kontrast stand der Bericht einer Konsumentenstudie. Die hatte ergeben, dass Nachhaltigkeit bei der Entscheidung zum Kauf von Weinen noch eine untergeordnete Rolle spielt. Rufen wir also alle nach Nachhaltigkeit und greifen im entscheidenden Moment dann doch daneben?

Der Mensch als Ressource

Mal von vorne: Dem heutigen Verständnis nach hat Nachhaltigkeit drei Dimensionen. Ganz offensichtlich ist der ökologische Aspekt, also die Natur zu schonen. Als nächstes geht es um Ökonomie, denn Nachhaltigkeit muss sich am Ende auch rechnen. Die dritte Dimension betrifft den sozialen Aspekt: Menschen werden als Ressource gesehen, mit der man fair umgehen muss. Im Endeffekt geht es immer darum, ein System nur so weit zu belasten, dass es sich noch selbst regenerieren kann.

Die Autorin

Janina Huber, 1989 in Bad Dürkheim geboren, hat Geschichte, Latein und Philosophie studiert. Ihre Leidenschaft für Wein machte die pfälzische Weinkönigin 2013/2014 und Deutsche Weinkönigin 2014/2015 längst zum Beruf. 2018 startete sie als selbstständige Weinfachfrau mit den Schwerpunkten Moderation und Kommunikation. Weinkurse und Workshops für Profis und Liebhaber bei der Weinschule „Grape skills“ in Heidelberg sind jetzt ihre Hauptbeschäftigung.

Dauerbrenner: CO2-Reduktion

Was bedeutet das in puncto Genuss? Sie merken es schon, es könnte etwas unbequem werden. So einiges steht auf dem Prüfstand. Gleichzeitig gibt es viele kreative Ansätze. Restaurants, die genau nachschauen, woher sie ihre Produkte beziehen, oder die mit weniger Geschirreinsatz die Zahl Spülgänge reduzieren wollen. Auch die Weinwelt ist sich ihrer Verantwortung zunehmen bewusst und Themen wie die CO2-Reduktion sind Dauerbrenner. Nun könnte man meinen, dass doch diese Welt von Wein und Genuss nur eine Randerscheinung ist. Was nützt es also, hier etwas zu ändern? Doch es ist eine Welt, auf die man gerne schaut und die daher Signalwirkung haben kann.

Auf’s Bauchgefühl hören

Was bedeutet das für uns als Genießer? Naja, zumindest sollten wir wohl etwas genauer hinschauen. Nachhaltigkeits-Siegel können hier eine Hilfe sein. Aber auch das eigene Bauchgefühl und ein bisschen Verstand bringen einen schon weiter. Ja, das kann unbequem sein, aber nur so kommen wir voran. Dabei muss man ja nicht gleich in Perfektionismus verfallen oder allem nur noch skeptisch begegnen – ein gesundes Mittelmaß ist ein guter Anfang! Nachhaltigkeit ist kein Zustand, sondern ein Prozess, den wir alle gemeinsam gestalten. Ganz gleich, wie groß oder klein der Einfluss ist, am Ende liegt die Verantwortung bei jedem von uns!

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Titelgeschichte: Wasser in der Pfalz

Pfalz halbtrocken

Was beim Wein Geschmack beschreibt, ist beim Wasser ein Alarmzeichen. Im Pfälzerwald versiegen erste Quellen. Flüsse führen im Sommer nur noch Niedrigwasser. Weiher trocknen aus. In Dörfern der Pfalz dürfen Gärten zeitweise nicht mehr gegossen werden. Um kühles Nass für Gemüsefelder gibt es heiße Diskussionen. Unser Lebenselixier, das durch nichts zu ersetzen ist, wird immer knapper und kostbarer. Ein Dossier über das Wasser in der Pfalz mit vielen Grafiken und Hintergründen.

AUSGETROCKNET Der Jagdhausweiher bei Kaiserslautern war einmal ein beliebter Badesee. Das hat sich stark verändert, wie die Aufnahme aus März 2022 zeigt. Foto: Reiner Voß/view – die Agentur

Endlich ist er da, der langersehnte Regen. Tropfen um Tropfen fällt er auf den trockenen Boden. Jetzt riecht man den Sommer. Erdig-frisch und leicht würzig. Unter dem Schutz des Blätterdaches lässt sich beim Spaziergang im Wald so richtig durchatmen. Wissenschaftler haben diesem Duft bereits Mitte der 1960er-Jahre den Namen „Petrichor“ gegeben. „Pétros” steht für Stein und „Ichor“ war laut griechischer Mythologie eine Flüssigkeit, die durch die Adern der Götter floss. Die Forscher fanden heraus, dass der Geruch des Regens durch ätherisches Öl entsteht, das Pflanzen und Bäume in Trockenphasen produzieren. Es wird von Böden und Gesteinen „aufgesaugt“. Hinzu kommt – dies zeigen jüngere Untersuchungen – der Alkohol Geosmin, den Bakterien im Boden bilden. Während großer Trockenheit und Hitze fahren sie ihren Stoffwechsel extrem herunter. Der Kontakt mit Wasser aktiviert die Bakterien dann schnell wieder und lässt sie Geosmin abgeben. Alkohol und ätherisches Öl zusammen steigen in Luftbläschen auf, die platzen und verwirbelt werden. Für einen ähnlichen Effekt sorgt auch Kohlensäure, die beim Öffnen einer Sektflasche entweicht und die Aromen verströmt.

Der Wald als Schwamm

Der Duft des Regens ist das eine. Zum anderen haben Wälder einen entscheidenden Einfluss auf die Wasserversorgung von Flüssen und Grundwasser. Das Kronendach der Bäume dämpft die Wucht des Wassers. Wenn dieses nach und nach in lockerem, humusreichem Untergrund versickert, kann der Waldboden viel mehr davon aufnehmen. So können Wälder entscheidend mit zu einem dezentralem Hochwasserschutz und zur Grundwasserbildung beitragen. „Intakter Wald ist wie ein Schwamm. Das merkt man auch an feuchterer Luft und an zwei bis vier Grad, die es im Wald kühler ist“, betont die Hydrologin Dr. Eva Verena Müller. Die 1979 in Darmstadt geborene Wissenschaftlerin betreut bei der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt (Landkreis Kaiserslautern) in der Abteilung „Umweltvorsorge – Wald und Wasser“ das Thema in ganz Rheinland-Pfalz. Dabei spielt der Pfälzerwald, das größte geschlossene Waldgebiet Deutschlands, als bedeutender Grundwasserspeicher eine wichtige Rolle. Das Problem: Auch hier nimmt die Grundwasser-Neubildungsrate seit 20 Jahren deutlich ab.

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

Der Mensch und Ökosysteme

Hydrologin Dr. Eva Verena Müller. Foto: Karl Pfleging

Für uns Menschen ist der Geruch des Regens und die erholsame Wirkung des Waldes genauso selbstverständlich, wie das Vorhandensein von Luft und Wasser an sich. „Alles hat aber einen Wert und alles hängt mit allem zusammen. Es geht also um eine Inwertsetzung als Bewusstseinsprozess“, fordert Müller ein Umdenken und kritisiert, dass „sich um Probleme erst gekümmert wird, wenn sie akut sind“. Für die Wissenschaftlerin ist „der Mensch auf sensible Weise mit Ökosystemen und deren Funktionsfähigkeit verbunden“. Die Idee sogenannter Ökosystemdienstleistungen (ÖSDL) erkenne die Abhän- gigkeit des Menschen von der Natur an. Beispiele für ÖSDL des Waldes: Er steuert den Wasser- sowie Nährstoffkreislauf und übernimmt Boden- und Lebensraumfunktionen. Gleichzeitig sorgt er mit für die Trinkwasserversorgung und den Schutz vor Hochwasser. „Daraus abzuleiten ist eine menschliche Verantwortung und ein aktives Handeln, um die Natur zu erhalten“, sagt Müller. Ihre Doktorarbeit verfasste sie zum Thema „Analyse der waldspezifischen Ökosystemdienstleistungen im Hinblick auf die Wasserhaushaltskomponenten: Abfluss und Grundwasserneubildung im Wald“. Hier unterscheidet die Hydrologin zwischen versorgenden, regulierenden, kulturellen und unterstützenden ÖSDL. Müller ergänzt: „Der Naturhaushalt erfordert natürliche Vorgänge, um im Gleichgewicht zu bleiben. Wir sind aber mittendrin in einer Krise.“

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

Der Klimawandel als Verstärker

„Sommer, Sonne, Sorgen“ titelte Anfang Juli die „Süddeutsche Zeitung“ mit Blick auf Ozon, UV-Strahlen und Temperaturen von weit über 30 Grad. Die jüngste Hitzewelle setzt die Entwicklung der vergangenen Jahre fort. In Rheinland-Pfalz wurde für die Zeit von 1881 bis 2020 „ein signifikanter Temperaturanstieg um 1,6 Grad Celsius festgestellt“. Dies ist im Waldschadensbericht 2022 des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität nachzulesen. Mit der klimawandelbedingten Temperaturerhöhung ist es vor allem in den Jahren 2018, 2019 und 2020 zu längeren Trockenphasen innerhalb der Vegetationsperiode gekommen, was negative Folgen für die Wasserbilanz in Waldgebieten hatte. Doch nicht genug: Laut Klimaforschern erlebte Europa 2022 den heißesten Sommer seiner Geschichte. 2022 gilt mit außergewöhnlicher Hitze, ausgetrockneten Flüssen und brennenden Wäldern als ein „Jahr der Negativ-Rekorde“. Aktuell haben Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) registriert, dass im Juni 2023 die Durchschnitts-Temperatur zum zehnten Mal in Folge das langjährige Mittel überschritten hat. Im Südwesten war es am wärmsten. Mit einer Durchschnittstemperatur von 22,5 Grad, so die Meteorologen von Klima-Palatina in Maikammer, liegt Neustadt an der Weinstraße deutschlandweit an der Spitze. Selbst an kühleren Orten überstieg die Juni-Temperatur den Durchschnitts-Vergleichswert von 1981 bis 2010. Auch hier kommt der „Spitzenreiter“ aus der Pfalz: Pirmasens lag mit 20,4 Grad mehr als rund fünf Grad über dem Mittel.

Quelle: Klima-Palatina Maikammer

Der Regen und Bodenfeuchte

Die Folgen der großen Hitze im Jahr 2022 wurden durch fehlende Niederschläge zusätzlich verstärkt. Über das Jahr ist rund zehn Prozent weniger Regen gefallen als gewöhnlich. In Spanien, Großbritannien und Deutschland war das Defizit am größten, heißt es im Bericht „European State of the Climate 2022“ des EU-Beobachtungsdienstes Copernicus. Die Trockenheit betrifft die ganze Gesellschaft, weil sie vielfältige Auswirkungen hat. Sie reichen von der Energieversorgung bis zum Warenverkehr auf Flüssen. Besonders betroffen sind vor allem Landwirtschaft und Natur. Wie viel Wasser Pflanzen in den oberen Bodenschichten zur Verfügung steht, wird als Bodenfeuchte gemessen. Optimal sind Werte zwischen 50 und 100 Prozent. Im Sommer 2022 lagen die Werte laut DWD und Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung nahezu überall in Deutschland deutlich unter 50 Prozent. Deshalb kann man von der größten Dürre seit Jahrzehnten reden. Weitere Folge der Trockenheit: In Deutschland ist 2022 so viel Wald bei Bränden zerstört worden wie noch nie zuvor in diesem Jahrtausend.

EXTREM Mit dem Klimawandel verstärken sich Wetterphänomene und ihre Auswirkungen. Beispiele aus der Pfalz, alle fotografiert von Rainer Voß/view – die agentur: Trockenschäden am Donnersberg.
Gewitterregen im Lautertal.
Starkregen im PRE-Park in Kaiserslautern.
Pflanzenwuchs im Burgalbweiher bei Johanniskreuz.
Niedrigwasser am Rhein bei Speyer.
Ausgetrockneter Boden bei Herschberg.

Der Blick in die Zukunft

Revierleiter Hauenstein, Gerald Scheffler. Foto: Michael Dostal

Wie wird sich dies in Zukunft entwickeln und wie kann gegengesteuert werden? Solche Fragen und die komplexen Wechselbeziehungen des Waldes mit menschlichen Aktivitäten standen bei einem europäischen Interreg-Projekt zwischen 2018 und 2021 im Mittelpunkt. Voraussetzung dafür, dass mehr Wasser im Wald zurückgehalten und gereinigt werden kann, sind funktionsfähige Böden (siehe auch VielPfalz-Ausgabe 2/2022). Hauptziel ist es nun, die Qualität von Ökosystemdienstleistungen (ÖSDL) zu verbessern. In ihrer Doktorarbeit, die ins Projekt eingebettet war, erstellte Eva Verena Müller Modellszenarien. „Die aktuelle Entwicklung des Klimas hat die Zukunftsprojektionen bereits ,überholt‘, was erschreckend ist“, betont die Wissenschaftlerin. Vor diesem Hintergrund sind Risikofaktoren für die ÖSDL des Waldes analysiert worden. Dazu zählen die Bodenverdichtung durch das Befahren mit schweren Maschinen bei der Holzernte oder Waldflächen, die etwa durch dürrebedingtes Absterben, Schädlinge oder Windwurf in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Arbeit mündet in Empfehlungen für Strategien der Waldbewirtschaftung und Verbesserungen des Wasserhaushaltes von Wäldern. Ein Beispiel sind Wege im Wald: Hier achtet man, beispielsweise zwischen Hauenstein und Hinterweidenthal, darauf, dass Wasser nicht mehr abgeleitet, sondern flächig im Wald verteilt wird. „Dazu legen wir Rigole an, durch die das Wasser unter dem Weg langsam durchsickern kann“, erklärt der Hauensteiner Revierleiter Gerald Scheffler. Er verweist zudem auf Flutmulden links und rechts des Weges, die Wasserspitzen aufnehmen bis sie versickern oder verdunsten. „Es gibt nicht den großen Wurf, sondern viele kleine Einzelmaßnahmen. Der Wald allein wird es nicht reißen“, betont Müller. Da Anpassungen im Wald immer in langen Zyklen erfolgen, ist dies ein massives Problem und erfordert rasches Handeln. Müllers Sorge: „Wenn der Klimawandel zu schnell ist, hat der Wald nicht genug Zeit sich anzupassen. Waldsterben und Versteppung können die Folge sein.“

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

Der Experte und das Frühwarnsystem

Gewässerbiologe Dr. Holger Schindler. Foto: Michael Dostal

Geschätzt gibt es rund 2500 Quellen im Pfälzerwald. „Man geht von 1,4 Quellen pro Quadratkilometer aus“, berichtet Dr. Holger Schindler. Für den 1970 in Kaiserslautern geborenen Gewässerbiologen, der auch als Regionalbeauftragter für die Pfalz des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) aktiv ist, sind Quellen „ein Frühwarnsystem in der Natur“. Fast überall in Rheinland-Pfalz gebe es im Durchschnitt rund 25 Prozent weniger Bildung von Grundwasser, erläutert er an der Quelle „Am Flüsschen“ im Wald bei Trippstadt. Mitte Juni tritt hier noch ausreichend Wasser aus, doch schon bald werde sie wohl austrocknen.

KOMPLEX Die Funktionalität des Waldes und menschliche Aktivitäten sind eng miteinander verbunden. Das Verbessern des Wasserhaushaltes ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Das Foto zeigt den Blick vom Luitpoldturm über den Pfälzerwald nach einem Regenguß. Foto: Reiner Voß / view – die agentur

„Eigentlich müsste man an solchen Stellen monitoren. Dies ist aber besonders schwer, weil kleine Bächlein auch mal von Natur aus austrocknen und die Schüttung schwer zu messen ist“, erläutert Schindler. Zudem hätten die Behörden nur die großen Gewässer im Blick, weil es erst ab zehn Quadratkilometern Einzugsgebiet eine Berichtspflicht gebe. Wie es aussieht, wenn Bäche „trocken fallen“ zeigt Schindler – ebenfalls zwischen Trippstadt und Kaiserslautern – am Aschbach, von dem es nur noch den Bachlauf gibt. „Hier fließt schon lange kein Wasser mehr. Hauptgrund dafür ist Wasserentnahme über Jahrzehnte“, sagt der Wissenschaftler.

Der Trend und die Effekte

Für einen Fehler hält es Schindler, dass bei Modellrechnungen oft noch mit Niederschlagsmengen und Temperaturen gearbeitet werde. „Dies führt zu Trugschlüssen, da ja durch die Klimaerwärmung die Verdunstung zunimmt“, argumentiert der Gewässerbiologe. Trotz einer im langjährigen Trend gleichen Regenmenge sorgen kürzere Winter und ein immer früherer Blütezeitraum für längere Vegetationsphasen, sodass Pflanzen und Bäume mehr Wasser benötigen. „Diese indirekten Effekte sind wichtig, weil ja auch die Verteilung der Niederschläge ganz anders ist. Manchmal gibt es wochenlang keinen Regen, dann kommt die ganze Menge an wenigen Tagen“, beschreibt Schindler weitere Gründe dafür, dass sich der Wasserhaushalt insgesamt ändert. Deshalb müsse dringend an allen Stellschrauben gegengesteuert werden. Dazu zählt für den Gewässerbiologen das Reduzieren von Wasserverlusten in den Rohrsystemen genauso wie ein Wald, der geschlossen gehalten wird. „Wir müssen zurück in eine Schwammlandschaft, in der das Wasser gehalten wird“, fordert Schindler. Nicht zuletzt benötige man in der Landwirtschaft andere Techniken, um künftig „nur nachts größere Flächen mit weniger Wasser zu bewässern“. In Israel und Kalifornien seien solche Systeme längst im Einsatz.

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

SCHWINDEND Quellen wie „Am Flüsschen“ (links) drohen, im Sommer trocken zu fallen. Der Aschbach (rechts) führt schon lange kein Wasser mehr.

Der Mahner aus Landau

„Es wird immer noch mit Mitteln von gestern gearbeitet. Ich vermisse ein Konzept für eine nachhaltige Landwirtschaft genauso wie Lösungsvorschläge, die die Landwirtschaftsverbände aktiv unterbreiten“, kritisiert Dr. Hans Jürgen Hahn aus Landau. Der 1963 geborene Privatdozent im Institut für Umweltwissenschaften an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern-Landau beschäftigt sich auch als Geschäftsführer des Instituts für Grundwasserökologie IGÖ GmbH mit Quellen, Bachsedimenten sowie Grund- und Trinkwasser. Hahn, wie auch sein Kollege Dr. Holger Schindler, haben 2022 insgesamt rund 2400 Beobachtungen von Bürgern rund um kleine Gewässer in ganz Deutschland ausgewertet. Gesammelt worden sind sie in der ARD-Aktion „#UnserWasser“, die sich dem Thema Wasser als Grundlage des Lebens in Filmen, Dokumentationen und Mitmachaktionen gewidmet hat. Zahlreiche Meldungen kamen auch aus der Pfalz: In fast allen wird auf niedrige Wasserstände oder nicht mehr vorhandenes Wasser hingewiesen.

Privatdozent für Umweltwissenschaften Dr. Hans Jürgen Hahn. Foto: Michael Dostal

Der Streit um Bewässerung

„Die Situation trifft uns alle. Wir müssen Wege finden, wie wir in Zukunft mit weniger Wasser zurechtkommen“, sagt der Grundwasserökologe. Neue Brunnenbohrungen sind für ihn „nur eine Krücke, die das Problem zeitlich verschiebt“. Das Land sei zwar dabei, eine Wasserstrategie zu entwickeln, doch aus Hahns Sicht fehlen regional belastbare Wasserbilanzen. Unterschiedliche Versorger in den Regionen und Städten der Pfalz würden auf dem Weg zu verlässlichen Zahlen für zusätzliche Komplexität sorgen. Hahn spricht deshalb von einer Gleichung mit vielen Unbekannten: „Man weiß nicht, wie viel Grundwasser es gibt. Unklar ist auch, wie viel Wasser die Landwirtschaft und andere Nutzer verbrauchen, weil vieles nur geschätzt ist.“ In der Südpfalz werde von der Landwirtschaft vermutlich mehr Wasser genutzt als genehmigt sei. Vor diesem Hintergrund hat sich dort ein Streit zwischen Natur- und Umweltschützern sowie Landwirten entwickelt. Ihnen wird vorgeworfen, Wasser zu verschwenden. Sie seien so mit schuld daran, dass der Grundwasserspiegel sinke. Die Bauern verwahren sich dagegen.

KÜNSTLICH Um die Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen gibt es heiße Diskussionen zwischen Natur- und Umweltschützern und Bauern. Foto: Joachim Ackermann

Der Stöpsel in der Badewanne

ABLESBAR Digitale Wasseruhren dokumentierten in einem Modellversuch den Verbrauch von Grundwasser in der Landwirtschaft. Foto: SGD Süd

„Die Landwirte haben ein Problem und die Situation wird sicher nicht besser“, verweist Hahn darauf, dass sich in Teilen der Vorderpfalz 50 Prozent weniger Grundwasser bilde. Deshalb sei für eine Grundwasserberegnung, wie sie in der Südpfalz üblich ist, schlicht zu wenig Wasser da. „Die Rheinebene ist wie eine Badewanne, in der man den Stöpsel zieht. Wenn das Grundwasser stark absinkt, dreht sich der Druck um und oberflächennahes Wasser wird in Tiefe gezogen. Quellen und Bäche trocknen aus“, beschreibt Hahn die Problematik. Für die Landwirtschaft sei unbedingt eine langfristige Perspektive erforderlich. Dabei gibt Hahn zu bedenken, dass auch die Oberflächenbewässerung, wie sie etwa über den Beregnungsverband Vorderpfalz erfolgt, Probleme anderer Art mit sich bringe. „Diese Wassermenge ist begrenzt, weil der Rhein immer öfter Niedrigwasser hat oder haben wird“, sagt der Wissenschaftler. Zudem benötige man dann besonders viel Wasser, wenn der Rhein wenig davon führt. Zusätzlich komme zu dem Mengen- auch ein Qualitätsproblem hinzu, denn aus Flüssen und Bächen zulaufendes Wasser könne eine komplexe Mischung von Schadstoffen enthalten. Ursache dafür sei, dass bei niedrigen Wasserständen der Anteil von gereinigtem Abwasser besonders hoch sei. Hahn verweist darauf, dass die Vielfalt und Konzentration der im Grundwasser nachgewiesenen chemischen Verbindungen seit Jahrzehnten zunehmen. Nicht zuletzt führe intensive Bewässerung außerdem dazu, dass auf den Äckern mehr gedüngt und so stärker zu hohen Nitratbelastungen im Grundwasser beigetragen werde.

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Der Gemüsegarten Deutschlands

Die Bandbreite reicht von Artischocke bis Zuckermais: Das größte geschlossene Anbaugebiet für Freilandgemüse in der Bundesrepublik wird gerne „Gemüsegarten Deutschlands“ genannt. Etwa 18.000 Hektar Fläche bewirtschaften Landwirte zwischen Worms im Norden und Wörth im Süden. Kartoffeln, Salat, Radieschen oder Blumenkohl werden hier geerntet. Im Bereich der Vorderpfalz gibt es Bewässerung schon seit den 1950er-Jahren. Um den wachsenden Wasserbedarf der Landwirtschaft decken zu können, ist 1965 ein Beregnungsverband gegründet worden, der Altrheinwasser aus Otterstadt (Rhein-Pfalz-Kreis) verteilt. Laut Website des Verbandes umfasste die beregnete Fläche im Jahr 2010 rund 13.500 Hektar. Versorgt wird sie zwischen Gerolsheim im Norden und Otterstadt im Süden mit einem rund 600 Kilometer langem Verteilnetz. Für 2010 wird die Gesamtmenge an Wasser mit 11,4 Millionen Kubikmetern angegeben. Die beregnete Fläche, so heißt es auf der Website weiter, soll auf etwa 22.000 Hektar anwachsen. Ein Kubikmeter entspricht 1000 Litern. Gerne hätten wir aktuelle Zahlen veröffentlicht, doch der „Wasser- und Bodenverband zur Beregnung der Vorderpfalz“, so der offizielle Name, war zu keinem Gespräch bereit. Beim Versuch, telefonisch einen Termin zu vereinbaren, wurden wir gebeten, uns per E-Mail zu melden. Trotz mehrerer Versuche haben wir aber darauf keinerlei Rückmeldung erhalten.

Den Brunnen im Visier

Manfred Schanzenbächer. Foto: SGD Süd/ H. G. Merkel

In der Pfalz gibt es insgesamt rund 2500 Beregnungsbrunnen. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd in Neustadt ist nach dem Landeswassergesetz (LWG) als obere Wasserbehörde ab einer Entnahmemenge von 24 Kubikmetern am Tag zuständig. Dauerhafte Entnahmen werden in die Datenbank der Wasserwirtschaftsverwaltung Rheinland-Pfalz eingetragen. Im Zuständigkeitsbereich der unteren Wasserbehörden bei den Kreisen und kreisfreien Städten erfolgt der Eintrag ab zehn Kubikmetern am Tag. Vereinzelt sind auch Brunnen mit einer geringeren Entnahmemenge erfasst, die etwa zum Beregnen von Sport- oder Parkanlagen dienen oder über eine „normale Gartenberegnung“ hinausgehen. In der Südpfalz, so die SGD, sei für das Jahr 2022 eine Entnahmemenge von 1,4 Millionen Kubikmetern genehmigt worden. In einem Pilotprojekt wurden dort zwischen Zeiskam und Hochstadt ab August 2021 an acht landwirtschaftlich genutzten Brunnen ein Jahr lang mit digitaler Messtechnik Entnahmemengen und Wasserstände kontrolliert. Das Gutachten kommt zum Ergebnis, dass die Grundwasserbewirtschaftung „als nachhaltig“ zu bezeichnen sei (Details auf sgdsued.rlp.de unter Themen, Wasserwirtschaft, Landwirtschaftliche Bewässerung). Der Grundwasserspiegel sei zwar während der Beregnungssaison gefallen, habe sich aber danach wieder aufs ursprüngliche Niveau bewegt. Kritiker finden jedoch, dass acht Brunnen eine zu geringe Beobachtungsgröße seien und alles über einen längeren Zeitraum betrachtet werden müsse. Die Messungen an den Brunnen laufen laut SGD weiter.

Wasser im Wandel

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Der Kampf ums Wasser

Für Manfred Schanzenbächer, Leiter der SGD-Abteilung „Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz“, ist Wasser „das wichtigste Lebensmittel überhaupt“. Er versteht die Rolle der Behörde deshalb als die eines „Anwaltes des Wassers“. In dieser Funktion gehe es um den Schutz einer Ressource genauso wie um das Wasser als Allgemeingut. „Es gibt nicht nur die eine Wahrheit“, sagt Schanzenbächer mit Blick auf die Kritik an der Landwirtschaft. Er beschreibt die Problematik so: „Jeder will regionale Produkte haben. Zwiebeln, Salat oder Radieschen gedeihen aber ohne Wasser nicht.“ In der Südpfalz schaue man „etwas neidisch“ auf die Vorderpfalz mit dem Beregnungsverband und müsse für die Versorgung Brunnen bohren, für die Landwirte Entnahmerechte erhalten. Dem Vorwurf von Naturschützern, die SGD würde zu wenig kontrollieren, will Schanzenbächer, der auf den personellen Aufwand verweist, mit Automatisierung und Digitalisierung begegnen. Die Behörde habe aber bisher keine Manipulationen an Zählern feststellen können. Gegen einzelne Landwirte würden allerdings Ordnungswidrigkeitsverfahren laufen, weil sie mehr Wasser als genehmigt entnommen hätten. „Dies ist wie bei Blitzern im Straßenverkehr. Es gibt immer ein paar schwarze Schafe“, meint Schanzenbächer. Zu einer Veränderung der Gesamtsituation wird es übrigens voraussichtlich ab Januar 2024 kommen: Ein Gesetzentwurf der rheinland-pfälzischen Landesregierung sieht vor, dass jeder, der mehr als zehn Millionen Liter Grundwasser für die Beregnung nutzt, ab dieser Marke sechs Cent pro Kubikmeter zahlen muss. Bisher sind Landwirte im Gegensatz zu Unternehmen vom sogenannten Wassercent ausgenommen.

PLÄTSCHERND Der Sieben-Brunnen im Langental bei Diemerstein (Landkreis Kaiserslautern) ist eine Quelle, die 1927 erstmals gefasst wurde und seit 1967 als Naturdenkmal geschützt ist. Foto: Reiner Voß/view – die agentur

Der Druck zu sparen

Für die SGD lässt sich die Auseinandersetzung um die Wassermengen für die Bewässerung von Feldern in der Südpfalz jedoch nicht durch mehr Kontrollen lösen. Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Beregnungssystem sei ein Verband. Wasserrechte könnten dann für das gesamte Gebiet und nicht mehr für einzelne Landwirte erteilt werden, was ein Beregnungsmanagement mit optimierten Brunnenstandorten ermögliche. Die SGD hält für diesen Fall sogar eine Grenzgrundwasserentnahme von zwei Millionen Kubikmetern im Jahr in der Südpfalz für möglich. „Wir müssen uns aber auch um Wassersparmaßnahmen kümmern“, blickt Schanzenbächer auf die Gesamtsituation. „Je mehr Wasser, desto wirtschaftlicher“ könne auf Dauer kein Konzept für Wasserwerke sein. Vielerorts seien auch Kanalnetze aus den 1970er-Jahren mit 200 bis 210 Litern in der Sekunde viel zu groß dimensioniert. Sie müssen mit viel Wasser gespült werden. Heute würden 120 Liter in der Sekunde ausreichen, auf der anderen Seite seien aber groß dimensionierte Abwasserrohre bei Starkregen sinnvoll. Nicht zuletzt gibt es zwischen SGD und Landesforsten Rheinland-Pfalz Gespräche darüber, mit welchen Maßnahmen Wasser im Pfälzerwald zurückgehalten werden kann.

Foto: Dave/Unsplash

Der Ursprung von allem

Wasser wird in der Pfalz nicht knapp, aber immer knapper. Diskussionen um das kostbare Nass gibt es deshalb an vielen Orten. Es geht um neue Brunnen oder Verbundleitungen. Es geht um Planungen wie im „Integrierten Grundwasserbewirtschaftungskonzept 2040“, das gerade in Kaiserslautern erarbeitet worden ist. Es geht – wie 2021 und 2020 in der Verbandsgemeinde Freinsheim – um Gärten oder Swimmingpools, die nicht mehr bewässert oder gefüllt werden dürfen. Eine Umfrage des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches unter rund 350 Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland, deren Ergebnisse im Juni vorgestellt wurden, hat ergeben: Die Versorgung mit Trinkwasser „in ausreichender Menge und qualitativ hochwertiger Güte“ ist in den nächsten Jahren sichergestellt. Fast 20 Prozent der Versorger hatten jedoch in den vergangenen Jahren bereits Engpässe bei den Wasserressourcen. Ein sparsamer Umgang mit dem wichtigsten Lebensmittel ist also unumgänglich, schließlich hat schon der griechische Philosoph und Mathematiker Thales von Milet (um 625 bis 545 v. Chr.) gesagt: „Das Wasser ist der Ursprung von allem.“

INFO

fawf.wald.rlp.de | project-ecoserv.eu | wasserportal.rlp-umwelt.de
lfu.rlp.de | umweltbundesamt.de | dwd.de | www.ufz.de
klima-palatina.de | prolimno.de | grundwasseroekologie.de
bund-rlp.de | beregnungsverband.de | sgdsued.rlp.de

Das Biosphärenreservat Pfälzerwald bietet für Gruppen zum Wunschtermin Biosphären-Guide-Touren an. Dazu gehören eine „Zwei-Quellen-Tour“ (Eisbach und Bockbach bei Ramsen) und die Tour „Wald und Wasser“ rund um die Mehlinger Heide. Infos: per E-Mail info@pfaelzerwald.bv-pfalz.de oder Telefon 06325 95520.

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Wasser in der Pfalz

Der große Luxus

Quellen, Brunnen, Wasserleitungen – wie die Versorgung mit Trinkwasser in der Pfalz ausgebaut wurde. Sauberes Wasser war lange ein Luxusgut.

Quelle: Fotosammlung Zink, Pfalzbibliothek des Bezirksverbandes Pfalz, Kaiserslautern

„Ein Blick in die Vergangenheit kann hilfreich sein.“ Für Dr. Harald Bruckert, Lehrer am Eduard-Spranger-Gymnasium in Landau, ist dies nur logisch, denn er unterrichtet neben Deutsch das Fach Geschichte. Zudem ist er Autor diverser historischer Publikationen. Seine neueste Veröffentlichung fasst erstmals pfalzweit zusammen, wie die Trinkwasserversorgung auf- und ausgebaut worden ist. Das reich mit historischen Aufnahmen, Postkarten und Zeichnungen illustrierte Buch ist deshalb nicht nur eine detaillierte Dokumentation, sondern in Zeiten des Klimawandels gleichzeitig ein Aufruf „für einen sensiblen Umgang mit einer lebenswichtigen Ressource“.

Buchautor Harald Bruckert. Foto: Privat

Klöster waren gut versorgt

Was heute für Menschen in unseren Breiten schier unbegrenzt kalt oder warm aus dem Wasserhahn sprudelt, war über Jahrhunderte eine Herausforderung. Das kühle Nass musste aus öffentlichen oder privaten Brunnen sowie Fließgewässern beschafft werden. Sauberes Wasser stellte einen großen Luxus dar. Nur die Klöster hätten schon früh über technisch aufwändige Wasserförderanlagen verfügt, erläutert Bruckert. Ein so hoher Standard wie in der Römerzeit sei erst wieder in der Neuzeit erreicht worden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde, so Bruckert weiter, die Grundwasserversorgung auf eine neue Grundlage gestellt. Neustadt habe bei der Wasserversorgung als erste Stadt in der Pfalz mit dem Bau eines modernen Wasserwerks eine Vorreiterrolle übernommen.

Buch: Liebe zum Detail

„Brunnen hatten auch eine soziale Funktion als Dorfmittelpunkt oder waren Gartenkunst“, ergänzt Bruckert. Da die Thematik bisher ausschließlich auf Ebene von Ortschroniken oder in Städte- und Gemeindearchiven behandelt worden sei, sei es für ihn „ein Reiz gewesen, Neuland zu betreten“. Den Autor, 1975 in Landau geboren, „hat die Idee zum Buch lange mit sich herumgetragen“, bevor er es in rund zweieinhalb Jahren realisierte. „Wasser und Quellen haben mich schon immer beim Wandern mit ihrer Schönheit fasziniert“, beschreibt er den Ursprung für seine Motivation zum Projekt. Dem Werk mit seiner Liebe zum Detail ist die Begeisterung anzumerken.

Buchtipp

Harald Bruckert, „Vom Laufbrunnen zum Wasserwerk – Der Ausbau der Trinkwasserversorgung in der Pfalz im 19. und 20. Jahrhundert“, Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, ISBN 978-3-948913-05-2, 184 Seiten, Hardcover, 29,50 Euro

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Natürlich gärtnern

„Freundlich sind alle, nützlich nicht“

Heimische Wildstauden haben einen unschätzbaren ökologischen Wert. Sie sind an die lokalen Bedingungen angepasst und daher in der Regel pflegeleicht. Zudem sind sie eine optische Bereicherung für jeden Garten. Redakteurin Kathrin Engeroff spricht mit dem Wildpflanzenexperten Friedhelm Strickler darüber, wie Beete durch heimische Stauden den Garten lebendiger und bunter machen.

Fotos: Wildpflanzengärtnerei Strickler

Herr Strickler, wenn wir über Stauden sprechen, über welche Art Pflanzen unterhalten wir uns dann?

Eine einfache Definition lautet: Stauden sind mehrjährige, winterharte krautige Pflanzen. Auch zweijährige Stauden wie die Königs- oder Nachtkerze zählen dazu. Es gibt einen sehr großen Markt an Staudenpflanzen. Viele davon werden als insektenfreundlich angepriesen. Freundlich sind sie alle, nützlich nur bedingt.

MUT ZUR LÜCKE Pflanzenfressende Insekten gehören genauso in einen Naturgarten wie blütensuchende Arten. Erst sie ermöglichen Vielfalt. Blattläuse sind zum Beispiel die Lebensgrundlage des Marienkäfers. Foto: Michael Engeroff

Wie meinen Sie das?

Als insektenfreundlich Pflanzen empfinden wir, wenn die Bienchen an den Blüten Nektar sammeln. Von Stauden wie Lavendel oder dem aus Nordamerika stammenden Mädchenauge profitieren allerdings vor allem die Allerweltsarten, zum Beispiel die Gartenhummel. Es ist wichtig, dass die Gärten bunter werden. Wenn ich jedoch tiefer einsteigen möchte, um die Artenvielfalt in meinem Garten zu unterstützen, komme ich an heimischen Wildstauden nicht vorbei. Denn viele Bienen, gerade die bedrohten Arten, sind Nahrungsspezialisten, die nur von einer bestimmten heimischen Staudenart Pollen sammeln. Und wenn wir „nur“ an die Bienen denken, unterstützen wir generell einen sehr kleinen prozentualen Anteil der Insekten: Es wird geschätzt, dass es in Mitteleuropa etwa 33.000 und mehr Insektenarten gibt, darunter sind 560 Wildbienenarten, von denen viele auch in Rheinland-Pfalz zu Hause sind. Nehmen wir noch andere Insekten wie Schmetterlinge dazu, kommen wir bei uns auf zirka 1200 bis 1500 blütensuchende Arten. Das bedeutet, dass wir einen sehr hohen Anteil und eine große Vielfalt an pflanzenfressenden Insekten haben. Diese Insekten werden meist wenig oder überhaupt nicht beachtet.

Manche werden wohl auch als Schädlinge angesehen?

Ich sage, das ist Leben. Leben, das in einen Naturgarten gehört. Wir schreiben auf unsere Rechnungen auch immer mit dazu, dass Löcher in Blättern oder Blüten keinen Mangel darstellen. Im Sommer ist zum Beispiel die Blattschneidebiene unterwegs, die Material für ihren Nestbau sammelt. Raupen vom Schwalbenschwanz an Doldenblütlern, wie der Wilden Möhre, werden bei uns auch unbeabsichtigt mitverschickt. Wer es zulässt, lockt mit einheimischen Wildstauden selbst auf dem kleinsten Raum im achten Stock eines Hochhauses viele Tiere an. Denn wo es Insekten gibt, ziehen bald Vögel nach, die wiederum die mutmaßlichen Schädlinge in Schach halten. Man muss die ganze Nahrungskette betrachten und sehen, dass es zum Beispiel ohne Blattläuse ein gewisses Leben im Garten nicht gäbe.

Friedhelm Strickler. Foto: Wildpflanzengärtnerei Strickler

Der Gesprächspartner

Friedhelm Strickler ist Gärtnermeister, Naturgartenplaner und seit 1990 in der Naturgartenszene unterwegs. Vor 25 Jahren eröffnete der gebürtige Pfälzer seine Wildpflanzengärtnerei in Alzey mit dem Schwerpunkt auf heimischen Wildstauden. Bis heute leistet er im gesamten süddeutschen Raum Pionierarbeit im naturnahen Gartenbau. Er ist Mitglied im Verein Naturgarten und freut sich, dass nach viel Auf und Ab in der grünen Branche das Interesse an natürlichen, nachhaltigen Gärten zunimmt. „Wir sind zwar raus aus der Nische. Im Verhältnis zu den bundesweit verkauften Pflanzen, ist der Anteil der heimischen Wildstauden aber immer noch gering“, sagt Strickler.

Das Wissen, wie wichtig heimische Stauden für die nachhaltige Förderung und Erhaltung der biologischen Artenvielfalt sind, müsse an die Öffentlichkeit. Daher engagiert sich die Wildpflanzengärtnerei auch beim Projekt „1000 Gärten, 1000 Arten“ des Bundesamtes für Naturschutz und unterstützt andere Betriebe, die ihr Sortiment umstellen möchten. Rund 850 heimische Wildarten produziert die Bioland-zertifizierte Wildgärtnerei selbst: vom Samenkorn bis zur verkaufsfertigen Pflanze ohne Torf, Pestizide oder chemisch-synthetische Düngemittel. [ayß]

Es ist also wichtig darauf zu achten, dass ich heimische Wildstauden wähle, die bei den unterschiedlichsten Insekten auf dem Speiseplan stehen. Welche Kriterien sind bei der Auswahl noch wichtig?

Im normalen Hausgarten würde ich auf trockenheitsverträgliche Arten setzen. Auch hier gibt es viele einheimische Arten. Gerade in den Weinbergsregionen, zum Beispiel am Herxheimer Felsberg, finden wir einheimische Vegetation, die mit der Klimaveränderung klarkommt. Beispiele sind Goldhaar-Aster, Steppen-Wolfsmilch, Große Fetthenne und Ähriger Ehrenpreis.
Außerdem sind der Gartenboden und die Lichtverhältnisse wie bei allen Pflanzen ganz wichtige Faktoren. Eine Küchenschelle verträgt zwar Hitze, kommt aber mit extrem schweren Lehmböden nicht klar. Bei Staudenpflanzen gilt: je magerer der Boden, desto besser, da sie dann hitzeverträglicher sind und weniger Wasser brauchen. In den Boden kann ich zur Vorbereitung Sand mit einarbeiten und ihn so abmagern. Das gilt für sonnige Standorte. Je schattiger die Lage ist, umso mehr muss Humus künstlich nachgebildet werden. Unter Bäumen ist es daher sinnvoll, bevor die Stauden ins Beet kommen, Kompost auszubringen.

Was gehört noch zur Beetvorbereitung für Stauden?

Wenn ich ein Staudenbeet neu anlege, kann ich es bis August oder September zunächst sauberpflegen. Wenn Sand oder Kompost in den Boden eingearbeitet sind, halte ich die Erde erst mal feucht, damit alles Unkraut rauskommt. Im Oktober jäte ich es dann und kann die ersten Blumenzwiebeln stecken. Im Frühjahr folgt die Pflanzung der Stauden. Auf große Flächen kann ich natürlich auch einsäen. Aber für Anfänger wird beim Pflanzen schneller ein Ergebnis sichtbar und Pflanzabstände können besser berücksichtigt werden. Wichtig: Nach dem ersten Pflanzjahr wird das Staudenbeet mit einheimischen Arten nicht mehr gehackt und auch nicht gemulcht, damit sich die Pflanzen selbst aussäen können. Denn in einem Naturgarten wird nicht nachgepflanzt, sondern es findet eine natürliche Verpflanzung statt. Spätestens nach zwei Jahren ist kein Boden mehr zu sehen.

DIE SERIE

„Natürlich gärtnern“ heißt die VielPfalz-Serie. Experten aus der Pfalz geben Tipps, wie der Ein- oder Umstieg zum naturnahen Gärtnern gelingt. Bereits erschienen: Gemüseanbau (Ausgabe 2/2022), Schädlinge und Krankheiten (3/2022), eigenes Saatgut vermehren (4/2022), Bäume und Gehölze pflanzen (5/2022), der Garten im Winter (6/2022), Hühner & Co. im Garten halten (1/2023), Permakultur (2/2023) sowie Wassermanagement (3/2023). Kleiner Ausblick: Im nächsten Teil der Serie geht es um Bokashi, Pflanzenkohle, Effektive Mikroorganismen & Co.

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Pfälzer Limonaden

Fruchtig-frische Verführung

Hausgemachte Limonaden sind in der Gastronomie bei Gästen en vogue. Trinkfertig abgefüllt in der Glasflasche erfreuen regionale Limonaden auch zu Hause die Geschmacksknospen. In der Pfalz werden viele kreative Limo-Ideen umgesetzt. Wir stellen einige leckere Mischungen aus heimischen Zutaten vor und verraten, wie man Limonade selbst herstellen kann.

Foto: Julia Reichelt

Limonaden prickeln auf der Zunge und bringen jede Menge Fruchtgeschmack mit. Der erfrischende Genuss passt zum Pfälzer Lebensgefühl und eine Limo aus der Pfalz zu der steigenden Nachfrage nach regionalen Produkten, dachten sich Luca Stulier und Yannick Böttcher. Im September 2020 meldeten die beiden daher ein Gewerbe an, um in die Getränkebranche einzusteigen. Ein halbes Jahr später haben sie bereits die ersten Kisten ihrer „Pfalzlimo“ in der Geschmacksrichtung Birne-Mirabelle verkauft. „Wir wollten, insbesondere mit unserem Markenauftritt, etwas Ungewöhnliches kreieren, das es in der Pfalz noch nicht gibt und so für Neugier und Probierfreudigkeit sorgen“, beschreibt Luca Stulier die Unternehmensphilosophie.

Durchstarten mit Pfalzlimo

ZUM WOHL Der erfrischende Genuss von Pfalzlimo passt zum Lebensgefühl der Region.

Die Gründer sind in der Pfalz geboren und aufgewachsen. „Die Region bedeutet uns selbstredend sehr viel“, fährt er fort. „Der Mix aus kleineren Städten und Dörfern, Weinbergen und Wald, Urlaubsort und Arbeitsort sowie humorvollen Mitmenschen und toller Kulinarik ist nicht nur der Grund, der uns damals überhaupt auf die Gründungsidee gebracht hat. Es ist auch das, was wir gleichzeitig als Pfälzer Lebensgefühl bezeichnen würden.“ Der Start des Unternehmens fiel mitten in die Corona-Pandemie. „Eigentlich wollten wir unsere Produkte vorrangig über die Gastronomie anbieten und dadurch bekannt machen. Dafür war der Startzeitpunkt denkbar schlecht“, sagt der Jungunternehmer rückblickend. „Deshalb haben wir uns in der Gründungsphase fast nur auf den Lebensmitteleinzelhandel konzentriert. Im Nachhinein sind wir froh, dass wir mit einer gewissen Naivität so schnell wie möglich ins Handeln gekommen sind. Viel schlimmer ist es, auf den scheinbar perfekten Zeitpunkt zu warten, den es aus unserer Sicht ohnehin nicht gibt, und währenddessen zu beobachten, wie andere an einem vorbeiziehen.“

Limonade mit Lernkurve

PFALZLIMO-CHEFS Yannick Böttcher (links) und Luca Stulier (Mitte), die Gründer der Pfalzlimo, sind mittlerweile zu dritt: Kurz nach dem Unternehmensstart komplettierte Michael Leber das Team. Foto: Pfalzlimo

Dass eine Unternehmensgründung kein Kinderspiel ist, zeigte sich auch an anderen Herausforderungen. Beide starteten ohne Erfahrungen in der Getränkebranche. Sie mussten in den ersten Monaten zunächst grundlegende Dinge lernen. Insbesondere, was nötige Investitionen betrifft: „Wir sind von Tag zu Tag neu überrascht worden und haben auch das eine oder andere Mal sehr stark daran gezweifelt, ob wir unser Startup weiterführen wollen“, sagt Luca Stulier. „Spätestens dann, als die erste größere Rechnung für Leergut anstand, damit wir überhaupt mit der Abfüllung beginnen können. Bis heute befinden wir uns auf einer kontinuierlichen Lernkurve. Wachstum erfordert Investitionen. Und damit auch eine große Portion Risikofreudigkeit, Respekt und geschärfte Sinne“, beschreibt Luca Stulier. Etwas zurückzugeben zählte ebenso von Anfang an zur Unternehmensphilosophie der beiden jungen Gründer: „Wir wollen mit unseren Einnahmen etwas für den Erhalt des Planeten und die Gesellschaft tun. Da die grundsätzliche Ausrichtung unseres Produktes in der Mehrweg-Glasflasche ohnehin schon mit einem Nachhaltigkeitsgedanken behaftet ist, haben wir ein Klimaprojekt ausgesucht, das in Deutschland Bäume pflanzt.“

Simple Zutaten, leckerer Geschmack

Doch zurück zur Limonade. Was steckt drin in den prickelnden Durstlöschern? Im Prinzip sind es drei simple Zutaten. Per Definition, so besagen es die Leitsätze für Erfrischungsgetränke, enthalten Limonaden Wasser, Aromaextrakte und/oder natürliche Aromastoffe sowie in der Regel Zitronensäure. Ein Zuckergehalt von mindestens sieben Gewichtsprozent sorgt für Süße. Der Pfalzlimo verleihen überwiegend Pfälzer Früchte ihren Geschmack. „Es ist uns nicht möglich, ausschließlich heimisches Obst für unsere Produkte zu verwenden“, so die Jungunternehmer. „Dies liegt einerseits an der Menge der benötigten Früchte, andererseits auch an Qualitätsstandards. Wir müssen alle Rohstoffe durch den Hersteller, der uns mit den Grundstoffen für die Limonaden versorgt, zertifizieren lassen.“ Er mischt die einzelnen Bausteine und Zutaten und liefert den Unternehmern Musterproben von den entwickelten Kreationen. So gesellten sich neben der Sorte Birne-Mirabelle bald auch Brombeere-Apfel und Traube-Aprikose zur „Pfalzlimo“-Familie.

TROPISCH-PFÄLZISCH-GUT Frische exotische Früchte lassen sich auch in spritzige Limonaden verwandeln. Fotos: Josefin/Unsplash

Limonade selbst herstellen

Wer Lust hat, selbst Limonade herzustellen, für den hat Yvonne Wolf die nötige Anleitung parat. Die Ernährungswissenschaftlerin aus Ellerstadt ist unter anderem bei den Landfrauen aktiv. Sie bietet Kochkurse und Vorträge rund um Ernährungsthemen für die Ortsvereine aus der Vorderpfalz an. „Eine Grundzutat für Limonade ist Läuterzucker“, erklärt sie. „Dabei handelt es sich um eine Eins-zu-eins-Mischung von Zucker und Wasser. Eine gute Basis ist ein Verhältnis aus 500 Gramm Zucker und 500 Gramm Wasser.“ Bei mittlerer Hitze wird das Zuckerwasser zum Köcheln gebracht, bis sich die Kristalle auflösen.

Geschmackvoller Zuckersirup

Um dem so hergestellten Sirup direkt eine Geschmackskomponente mitzugeben, empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin: „Läuterzucker lässt sich aromatisch anreichern, beispielsweise mit Kräutern und Gewürzen wie Minze, Rosmarin, Basilikum oder auch mit Lavendel. Diese Zutaten einfach kurz mit dem Zucker-Wasser-Gemisch aufkochen. Ebenso sind Holunderblüten ein guter Geschmacksgeber. Die Blütendolden lässt man am besten über Nacht im Zuckersirup ziehen.“ Und sie weist noch auf die gute hauswirtschaftliche Praxis hin: „Beim Herstellen des Läuterzuckers ist es wichtig, mit sauberen, sterilen Gefäßen zu arbeiten. Wenn man ihn nicht komplett verbraucht, kann man Restmengen so bis zu zwei Wochen lang im Kühlschrank aufbewahren.“

Das Limonaden-Rezept zum Beitrag

  • August 2023
    Wer Lust hat, selbst Limonade herzustellen, für den hat Ernährungswissenschaftlerin Yvonne Wolf das passende Rezept parat. Die beiden Grundzutaten sind Läuterzucker mit Minze sowie Früchte.

Überreife Früchte verwerten

Die zweite Grundzutat sind Früchte. Yvonne Wolf selbst mag am liebsten eine Limonade mit Wassermelone, deren Fruchtfleisch ohne Kerne hierfür zerkleinert und püriert wird. Das entstandene Fruchtmus mischt sie mit minzigem Zuckersirup. Statt Wassermelone passt die Mischung mit Minz-Sirup auch bestens zu Erdbeeren, die es im Frühsommer aus heimischem Anbau gibt. Limettensaft verleiht dem Gemisch aus Sirup und Fruchtpüree die nötige Säure. Zuletzt wird das Ganze mit kohlensäurehaltigem Wasser aufgegossen. Wer jetzt Appetit bekommen hat, findet die vollständige Anleitung zur Zubereitung der Wassermelone-Minz-Limonade auf Seite 78. Als Zutat für Limonade lassen sich auch leicht überreife Früchte gut verwerten. „Ich nutze zum Beispiel den Saft von Orangen oder Mandarinen, die etwas über den Punkt hinaus sind, dass ich sie noch essen mag“, erklärt Yvonne Wolf.

Schwung für die Getränkekarte

Kreative Köpfe mit Lust auf Limonade gibt es auch in der Gastronomie. Zum Beispiel bei „katz das restaurant“ am Ortsausgang von Wallhalben. Wallhalben liegt tief in der Südwestpfalz, zwischen Pirmasens, Zweibrücken und Landstuhl – dort, wo der dichte Wald endet und die Landschaft von Höhenzügen und Weitblick geprägt ist. Isabelle Gulla betreibt das Restaurant mit ihrem Mann Florian, den sie bei einer gemeinsamen Ausbildungsstation in Deidesheim kennengelernt hat. Zum Familienbetrieb gehört auch das angeschlossene Hotel, um das sich derzeit noch ihre Eltern kümmern.

LIMO-KREATIONEN Isabelle Gulla und ihr Mann Florian entwickeln in ihrem Restaurant Katz in Wallhalben eigene Limonaden-Rezepturen. Foto: Privat

Experimentierfreude

Für ihren Restaurantbetrieb hat das Paar eine klare Philosophie: regionale Zutaten und Geschmacksvielfalt. Das setzen sie auch bei den eigenen Limonaden-Kreationen um. Auf die Idee sei Isabelle Gulla gekommen, weil sie selbst statt Wasser seit jeher lieber Eistee und Limonade trinkt. Und, weil sie gerne Neues ausprobiert. Die Früchte für die hauseigenen Limos bekommt sie von Landwirt Thomas Weber aus dem benachbarten Schauerberg. „Wir verarbeiten, was es gerade im Angebot gibt“, sagt Gulla. „Himbeeren, Rhabarber oder auch Galiamelonen.“ Damit sie die Zutaten auch über die Hauptsaison zur Verfügung hat, produziert sie auf Vorrat: „Wir schnippeln und frieren ein, was möglich ist.“

Eigene Limos immer beliebter

Wie entstehen ihre Rezepturen? „Ich baue jede Limonade auf einer Hauptzutat auf“, erläutert die Gastronomin. „Als bei uns die Nachfrage nach Rhabarberschorle gestiegen ist, kam mir zum Beispiel die Idee, mit Rhabarber auch eine neue Limonadensorte zu entwickeln.“ Den Zuckersirup setzt sie selbst an, das Obst wird püriert. Frischer Zitronensaft dient als Säuerungsmittel und unterstreicht den Fruchtgeschmack zusätzlich. Kräuter, die ihren Limonaden eine besondere Note verleihen, wachsen großteils im eigenen Garten. Manchmal runden auch „Fertigprodukte“ wie Apfelsaft den Geschmack ab. In der Regel experimentiert sie sie zwei bis drei Stunden, bis das Grundrezept passt. Zu den Galiamelonen kombiniert Gulla beispielsweise einen Sirup mit Basilikumaroma, Himbeeren mischt sie mit Rosmarin-Sirup. Neben den heimischen Sorten stehen auch Limette-Minz- und Mango-Passionsfrucht-Limonade auf der Karte, weil das bei vielen Gästen beliebte Geschmacksrichtungen sind. Dass ihre Kreationen gut ankommen, zeigt nicht zuletzt die Nachfrage: „Die hausgemachte Limonade läuft bei uns viel besser als Flaschenware“, sagt Gulla.

EIGENKREATIONEN Galiamelone-Basilikum, Himbeere-Rosmarin, Mango-Passionsfrucht und Limette-Minze (von links nach rechts). Foto: Julia Reichelt

Verführerische Kreationen

Diese Erfahrung hat auch Monique Thyssen gemacht, die mit ihrem Mann das Café „Zucker & Salz“ in Freinsheim betreibt. Auf der Getränkekarte findet sich eine große Auswahl an Erfrischungsgetränken. Doch am besten kommen bei der Kundschaft die selbst zubereiteten Limonaden an: „Sie sind neben Waffeln ein echter Verkaufsschlager. Das geht schon mit den Frühstücksgästen los“, sagt sie. „Präsentiert in Weck-Gläsern, mit Früchten oder Kräutern dekoriert sind sie auch optisch ein Genuss.“ Und sie fügt hinzu: „Die Rhabarber-Grenadine-Limonade zum Beispiel hat von hellrosa bis tiefrot alle möglichen Rotschattierungen. Wenn Saison ist, kommt als Deko zusätzlich eine Rhabarberstange dazu. Das fällt auch den Gästen an den anderen Tischen auf und sie bekommen Lust darauf.“

Eine geschmacklich runde Sache

LIEBLINGSLIMO Die Rezepte für selbst zubereitete Limonaden im Café „Zucker & Salz“ hat Monique Thyssen gemeinsam mit ihrem Mann entwickelt. Foto: Michael Dostal

Das Gebäude, in dem sich das Café befindet, steht direkt neben dem Historischen Rathaus. Zunächst war es lange Jahre als „Rathauscafé“ bekannt, bis es vor acht Jahren Familie Thyssen übernahm, die ihm den Namen „Zucker & Salz“ gaben. Ein Grund, warum die beiden so gerne dort sind: „Wir haben uns hier vor vielen Jahren kennengelernt. Mein Mann war damals Koch im „Rathauscafé“. Ich habe als Schülerin dort gejobbt. Später haben wir gemeinsam in Bad Dürkheim einen Restaurantbetrieb geführt. Als wir dann aber eine Familie gegründet hatten, wollten wir aus dem Abendgeschäft raus. Da kam das zu pachtende Café wie gerufen und hat uns zurück nach Freinsheim gebracht.“ Monique Thyssen ist im „Zucker & Salz“ zuständig für den Servicebereich, Büro und Logistik. Dabei kommen ihr stets Ideen für neue Getränkekreationen wie etwa die Limonaden. Die Rezepturen sind in einer intensiven Experimentierphase entstanden, erklärt sie: „Wir haben uns einen Tag Zeit und viele potenzielle Zutaten genommen, um herauszufinden, was lecker ist und zusammenpasst. Nun ist mein Mann Koch und weiß, wie man gute Grundzutaten veredelt. So haben wir dann gemischt und verfeinert, bis unsere drei Sorten geschmacklich richtig rund waren.“

Das Herz der Pfalz im Glas

Die Ingwer-Limetten-Limonade bringt Urlaubsgefühl auf die Karte. Der Ingwersirup ist selbst eingekocht, die Limetten werden entsaftet. „Man kann uns regelmäßig im Café sehen, wie wir zwei bis drei Kisten Limetten mit der Saftpresse verarbeiten“, sagt die Servicechefin. Frische Minze gibt dem Geschmack dann noch den entscheidenden Kick. Das Herz der Pfalz wiederum schlägt in der Apfel-Holunder-Limonade. Der Apfelsaft kommt nämlich von Martin Bender, der nur einen Katzensprung entfernt zwischen Freinsheim und Weisenheim seine Apfelbäume stehen hat. Dazu kommt süßer Holundersirup. Ein Spritzer Apfelessig als saures Pendant veredelt den Geschmack. Klingt ungewöhnlich, harmoniert aber wunderbar.

Veranstaltungs­tipps

Tipps für Genuss-Events in der Pfalz: Das VielPfalz-Team recherchiert für Sie empfehlenswerte Veranstaltungen in der Pfalz, die vielfältigen Genuss versprechen – von der Weinprobe über die Städteführung bis zum Fest, Markt oder Konzert. Welches Event Sie auch immer anspricht, wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!

Pfälzer Schilder

Abenteuer Autobahn

Der offizielle Name „Touristische Unterrichtungstafel“ klingt ziemlich sperrig. Die braunen Schilder mit Schrift und Piktogrammen in weißer Farbe kennt aber jeder. Jetzt erzählen sie via App sogar Geschichten. VielPfalz macht Vorschläge für neue Schilder in der Pfalz – mit einem Augenzwinkern.

Foto: Michael Dostal

Formal betrachtet ist es schlicht das Zeichen 386.3 in der Anlage 3 zu Paragraf 42, Absatz 2, der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO). Es ist ein sogenanntes Richtzeichen, das man in Abschnitt 9 als laufende Nummer 33 findet. Zu kompliziert und langweilig? Dann sprechen wir also lieber von „Touristischen Unterrichtungstafeln“, wie sie seit 1983 – seinerzeit übernahm man in Deutschland erstmals die Idee aus Frankreich – offiziell heißen. Immer noch zu sperrig? Bitte steigen Sie hier trotzdem nicht aus, sondern lesen Sie weiter. Es wird informativ, spannend und überraschend zugleich. Versprochen!

Einheitliche Richtlinien

ERLEBNISGUIDE Die Schilder an den rund 880 Kilometern Autobahn-Strecken in Rheinland-Pfalz sind in eine App eingebunden

Starten wir ins Abenteuer Autobahn: Rund 3400 touristische Hinweisschilder, so schätzt der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC), stehen rechts der Fahrbahnen. Da das Aufstellen der Schilder nicht bundesweit gesteuert wird, gibt es keine offizielle Übersicht aller touristischer Hinweisschilder an Autobahnen. Bundesweit gelten jedoch einheitliche Richtlinien für Gestaltung, Abmessung und Abstände der Schilder untereinander sowie zu anderen Verkehrszeichen. Für die Umsetzung sind die Bundesländer zuständig. Schilder und die Entwürfe müssen jeweils von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde genehmigt werden. Antragsteller sind Kommunen, Gebietskörperschaften, Verbände, Organisationen und in Ausnahmefällen kommerzielle Unternehmen, in der Pfalz zum Beispiel der Holiday Park in Haßloch.

Heimatkunde im Vorbeifahren

Hingewiesen wird auf Bau- und Bodendenkmäler, Kultur- und Welterbestätten oder Natur- und Landschaftsschutzgebiete. Der ADAC spricht deshalb schon fast prosaisch von der „Heimatkunde im Vorbeifahren“. Die Schilder sollen dazu animieren, von der Autobahn abzufahren und sich Sehenswürdigkeiten vor Ort anzusehen. In einer Umfrage hat die Hochschule Harz 2019 überprüft, ob dies wirklich funktioniert. Demnach folgt jeder Sechste mindestens einmal einer braun-weißen Tafel und fährt an der nächsten Ausfahrt raus. An abgebildete Sehenswürdigkeiten, Städte oder Landschaften konnten sich zwei Drittel der Befragten erinnern. Ein Teil hat sie sich für spätere Ausflüge vorgemerkt. Nur vier Prozent der Befragten haben die Schilder noch nicht wahrgenommen.

Mehrwert durch Digitalisierung

IM PLAUDERTON Der Erlebnisguide „erzählt“ beim Vorbeifahren an Autobahn-Hinweistafeln
interessante Details zu touristischen Zielen .

Rechtzeitig zur Hauptreisesaison sorgt die Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH nun für zusätzlichen Nutzen. Die Schilder an den rund 880 Kilometern Autobahn-Strecken im Bundesland sind in eine App eingebunden (kostenloser Download Maqnify-Erlebnisguide im Google Play- oder Apple-Store). Wer die App auf seinem Smartphone oder Tablett vor der Autofahrt „live“ schaltet, bekommt dann, wenn er an braun-weißen Schildern vorbeifährt, durch sogenanntes Geofencing automatisch Audiobeiträge zum jeweiligen Ziel „vorgelesen“. Zudem lassen sich auch im Offline-Modus die entsprechenden Sprachinformationen abrufen. In Rheinland-Pfalz stehen in Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch insgesamt 900 Textelemente zur Verfügung. Das Unternehmen TourComm Germany, von der die App programmiert wird, integriert die Daten darüber hinaus auch an anderer Stelle, etwa in Programmen von Navigationsgeräten ausgewählter Hersteller.

„Neue“ Schilder für die Pfalz

So sorgen interessante Geschichten für Abwechslung auf langen Autofahrten und machen das Zeichen 386.3 zu einem touristischen Mehrwert. Übrigens: Neben dem Zeichen 386.3 gibt es an Straßen außerhalb von Autobahnen auch noch das Zeichen 386.1 „Touristischer Hinweis“ und das Zeichen 386.2 „Touristische Route“. Doch keine Angst, wir hören hier gleich wieder auf, zumal uns wirklich nicht wichtig ist, an welchen Straßen unsere nicht ganz ernst gemeinten Schilder-Kreationen für die Pfalz aufgestellt werden.

Für alle, die es noch nicht bemerkt haben: Hier ist der Rock zuhause. Wird Zeit, dass man produktiv wird und bald mehr hört vom Westpfalz-Sound.
Wirklich Richtung weisend, dieser Name: Was liegt näher, als dem Pfälzer Back- und Handwerk genau hier ein sichtbares Zeichen zu setzen.
Macht seinem Namen bald Ehre: Landwirte haben keinen Bock mehr auf Kühe und Schafe. Ziegen zeigen Zuchterfolge.
Hier ist der Name nicht Programm. Mit der systematischen Pflanzung von Eichen kämpft die Gemeinde gegen die Monokultur.
Nahe liegender Strukturwandel: Aus früheren Ziegelei-Arbeitern werden Rinderzüchter. Gut, wenn man eine Kuh hat.
Nicht nur für Hellsichtige wegweisend: Moderne Leuchtmittel sollen bald ein neues Licht auf die Dorfentwicklung werfen.
Der Name verspricht mehr, als er hält. Was liegt näher als Milchprodukte mit Herkunftsgarantie? Hier sollte Käse keinem Wurst sein.
Stichwort für die Pharma-Industrie: Wer sein neues Werk hier ansiedelt, macht sich fast automatisch einen guten Namen.
Die Welt braucht Brücken. Der Name ist Programm für uferlose neue Baumaßnahmen: Aber zuerst den Glan umleiten und/oder aufstauen.
Der Klimawandel ist schuld: Trotz des Namens kann sich für den Bau einer Bob- und Rodelbahn niemand mehr so richtig erwärmen.

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Veranstaltungs­tipps

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Pfälzer Warenkunde

F wie Feigen

In keiner Region Deutschlands wachsen so viele Feigenbäume wie in der Pfalz. Die zu den Maulbeergewächsen zählende Feige ist eine der ältesten Kulturpflanzen weltweit. In der Küche können die frischen oder getrockneten Früchte vielseitig eingesetzt werden. Feigen haben ab August bis Oktober in der Pfalz Saison. Auf der Handelsplattform „Pfälzer Feigenbörse“ bieten in dieser Zeit Feigenbaumbesitzer ihre reifen Früchte an.

Foto: Pixabay

Frau Prof. Schlich, sind frische und getrocknete Feigen gleichermaßen energiereich?

Feigen (Ficus carica) enthalten in 100 g Frischware etwa 80 g Wasser, 13 g Kohlenhydrate (Zucker) sowie geringe Mengen an Proteinen und Fetten. Aufgrund des hohen Wasseranteils sind sie wenig energiereich. Bei der Trocknung wird der Wassergehalt von 80 auf 18 bis 33 Prozent gesenkt, wobei die Inhaltsstoffe, vor allem Zucker, im Prinzip konzentriert werden. Getrocknete Feigen liefern demnach fast fünfmal so viel Energie (1230 kJ / 293 kcal pro 100 g) wie frische Feigen, vor allem, weil sich der Zuckergehalt von 13 g auf 54 g je 100 g konzentriert. In Feigen liegen Glucose und Fructose zu gleichen Teilen sowie etwas Saccharose vor.

Sind sie aufgrund ihrer Inhaltsstoffe als gesunder Snack zu empfehlen? Oder sind sie eher eine süße Nascherei?

Die empfohlene Menge an getrockneten Feigen pro Tag sind 40 g, entsprechend drei bis vier Stück. Eine handelsübliche Menge sind 200 g Trockenfrüchte. 40 g Trockenfeigen liefern immerhin 24 g Zucker. Allerdings enthält diese Menge Trockenfrüchte viele Ballaststoffe, nennenswerte Mengen an Kalium und viel Niacin (ein Vitamin der B-Gruppe). Daher würde ich eher Feigen naschen als Weingummis. Interessante weitere Inhaltsstoffe sind das Enzym Ficain, das als Zartmacher für Fleisch verwendet werden kann, und das biogene Amin Serotonin, das auch als Glückshormon bezeichnet wird.

Das Rezept zur Warenkunde

Können getrocknete Feigen mit „weißem Belag“ unbedenklich verzehrt werden? Was steckt dahinter?

Bei dem weißen Belag auf den Trockenfrüchten handelt es sich um auskristallisierten fruchteigenen Zucker. Daher ist der Verzehr völlig unbedenklich.

Wie können frische Feigen beispielsweise in der Küche verwendet werden?

Frische Feigen lassen sich vielfältig einsetzen: als Vorspeise mit Ziegenkäse, als Zutat zu Fleischwaren, in Backwaren und Brot sowie verarbeitet zu Konfitüre, Chutney oder Feigensenf.

Sollten frische Feigen im Kühlschrank gelagert werden?

Frische Feigen sollten im Gemüsefach des Kühlgeräts gelagert und nach wenigen Tagen verzehrt werden.

Das Interview führte Kathrin Engeroff.

(apl.) Prof. Dr. Michaela Schlich. Foto: Privat

Zur Person

(apl.) Prof. Dr. Michaela Schlich ist Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet als Akademische Direktorin an der Universität Koblenz. Dort vertritt sie professoral das Fachgebiet Ernährungs- und Verbraucherbildung.

Veranstaltungs­tipps

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Weinstöberei

Klimapositiver Riesling

Artenvielfalt, Klimaschutz, CO₂-Emissionen – in der Weinszene werden diese Themen heiß diskutiert und Wege für einen nachhaltigeren Weinbau gesucht. Das nordpfälzische Weingut Bremer konzentriert sich vor allem auf die Verbesserung der Weinbergsböden.

Fotos: Weingut Bremer

In Zellertal-Niefernheim ist das Weingut Bremer zu Hause. Vor einigen Jahren haben die drei Schwestern Rebecca, Leah und Anna das ehemalige Weingut Herr übernommen. Gemeinsam mit dem Önologen Michael Acker haben sich die Bremers in der deutschen Weinszene mit ihren finessenreichen Weinen rasch einen Namen gemacht.

Mitglied bei den Kohlekumpels

Im Zellertal wird bei der Bewirtschaftung der Reben an morgen gedacht, denn Familie Bremer betreibt aktiven Klimaschutz mithilfe ihrer Weinbergsböden. Wie das möglich ist? Das Weingut Bremer ist Mitglied bei den Kohlekumpels. Das Start-up aus Kempten im Allgäu entwickelt und vermarktet klimapositive Produkte und bietet unter anderem der Landwirtschaft Lösungen an, um solche Produkte herzustellen.

Humusaufbau im Weinberg

Dies bedeutet, dass mindestens 20 Prozent mehr CO₂ in Form von Kohlenstoff im Boden gebunden werden müssen, als während des gesamten Herstellungsprozesses ausgestoßen wird. Hier kommt die Pflanzenkohle ins Spiel. Sie ist ein hervorragender Speicher für Nährstoffe, Mikroorganismen, Pilze und Wasser und fördert so den Aufbau von Humus, was eine langfristige CO₂-Bindung im Boden verstärkt.

Positive Mikroorganismen

Um die Harmonie des Bodenlebens noch weiter zu stärken, stellt Michael Acker im Herbst aus Trester Bokashi her. Hierbei fermentiert er unter Luftabschluss die Traubenschalen mit sogenannten effektiven Mikroorganismen. Es handelt sich um eine Mischung aus Milchsäurebakterien, Hefe und Photosynthesebakterien. Das Bokashi sorgt ebenfalls für den Aufbau einer gesunden Humusschicht im Weinberg und bringt positive Mikroorganismen in den Boden ein.

Ausgezeichnete Weine

Auf einem gesunden Boden wachsen gesunde Weinreben, die aromatische Trauben hervorbringen, aus denen ausgezeichnete Weine entstehen können. Der erste klimapositive Wein im Weingut Bremer ist der 2021er Riesling „Schwarzer Herrgott“ trocken. Er zeigt in der Nase neben gelbfruchtigen Aromen von Weinbergspfirsich kräutrige Noten, die typisch für Zellertaler Rieslinge sind. Am Gaumen ist der Riesling dicht, mineralisch mit einer eleganten Säure, die zu einer nachhaltigen Länge führt. Ein Riesling, der jetzt schon Spaß macht, aber auch Potenzial zur Reifung hat.

2021er Zell Schwarzer Herrgott Riesling QW trocken | 0,75 l | 21 Euro | Weingut Bremer, Zellertal | weingutbremer.de

Inga Klohr. Foto: Adlumina/Ralf Ziegler

Die VielPfalz-Weinstöberei

Besondere Cuvées oder ein spontan vergorener Literriesling – unter Pfälzer Weinen gibt es immer Spannendes zu entdecken. Weinstöberei heißt die Rubrik, in der Inga Klohr (geb. Storck) empfehlenswerte Weine vorstellt. Die Pfälzische Weinkönigin 2017/2018 und Deutsche Weinprinzessin 2018/2019 macht sich für VielPfalz auf die Suche nach besonderen Tropfen. Sie absolvierte den Dualen Studiengang Weinbau und Önologie am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße und arbeitet als Winzerin.

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Was wissen

Ist die Vielzahl an Weinflaschen notwendig?

In unserer Rubrik zum Thema Weinwissen fragt sich Rudolf Litty dieses Mal, ob die unterschiedlichen Flaschenformen beim Wein noch zeitgemäß sind und warum Winzer wieder vermehrt auf Mehrwegflaschen setzen.

Foto: Deutschen Weininstitut

Wer durch die Weinregale in den Lebensmittelmärkten geht, dem ist vielleicht schon aufgefallen, welch eine Vielzahl von unterschiedlichen Flaschenformen und -größen es gibt. Ein Grund dafür ist, dass sich Winzer neben dem Schmucketikett auch mit einer anderen Flaschenform von der Konkurrenz absetzen möchten.

150 verschiedene Formen

Zwar haben einige gängige Flaschenformen eine lange Tradition auf dem Markt und sind zum Teil zum Markenzeichen einer bestimmten Weinbauregion geworden. Dennoch gibt es inzwischen etwa 150 verschiedene Flaschenformen, die der einzelne Winzer gar nicht wiederverwenden kann. Teilweise sammeln Spülbetriebe diese Flaschen und verkaufen sie bei Bedarf weiter. Da das Sortieren der einzelnen Flaschenformen jedoch sehr arbeits- und kostenaufwendig ist, landen die meisten Flaschen im Glascontainer.

Mehrwegflaschen sind günstiger

Immerhin: Langsam findet zugunsten der Nachhaltigkeit ein Umdenken statt und die Flaschenformen werden wieder reduziert. Aufgrund der galoppierenden Energiepreise für Neuglas ist es zudem einfach kostengünstiger, die gängigen Standardflaschen als Mehrwegflaschen zu verwenden.

Weißglas für Secco und Rosé

Die gebräuchlichsten Weinflaschen sind die 0,75-LiterFlasche sowie die 1-Liter-Flasche. Selten, vorwiegend bei einer Vorbestellung, wird Wein auf die 1,5-Liter-Magnum- Flaschen gefüllt. Die Literflaschen sind in der Regel im Grünton, die 0,75-Liter-Flaschen in Braun gehalten. Weiße Flaschen kommen zum Beispiel für Secco oder Roséwein zum Einsatz. Allerdings eignet sich weißes Glas nicht für eine längere Lagerung, da hier die UV-Strahlen die Weinalterung beschleunigen.

Flaschen richtig lagern

Bei Wein mit Korkverschluss ist es ein Muss, ihn liegend zu lagern. Flaschen mit Schraubverschluss können auch stehen. Die Lagertemperatur sollte bei etwa zehn bis 15 Grad möglichst konstant sein und die Weinflaschen sollten möglichst dunkel, erschütterungsfrei und nicht zu trocken bei mittlerer Luftfeuchtigkeit lagern. Auch für die Unterbringung des Weins im privaten oder gastronomischen Keller und Kühlschrank ist es sinnvoll, nicht mit 150 verschiedenen Flaschenformen hantieren zu müssen.

Der Experte

Rudolf Litty ist ehemaliger Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Beim Weinbauamt Neustadt/Weinstraße war er für die amtliche Qualitätsweinprüfung verantwortlich. Litty, geboren 1951, lebt in Klingenmünster und organisiert Weinseminare.

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